BGH-Urteil IX ZR 70/24

von | 31 Juli 2025

BGH-Urteil IX ZR 70/24: Neue Spielregeln für die Fälligkeit der Vergütung im Insolvenzfall – auch ohne Abnahme kann ein Werklohnanspruch bestehen

Das kürzlich ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Juli 2025 (Az. IX ZR 70/24) bringt wichtige und praxisrelevante Neuerungen für alle Beteiligten im Bauwesen mit sich, insbesondere wenn es um Werklohnansprüche im Fall einer Insolvenz geht. Das Urteil ist für Bauherren wie Auftragnehmer gleichermaßen von Bedeutung und sollte daher bekannt sein.

 

Hintergründe

Die Kernfrage lautet: Werklohn auch ohne Abnahme bei Insolvenz des Vertragspartners?

Gerade im Bauwesen ist die Abnahme einer Leistung ein zentraler Zeitpunkt, der die Fälligkeit des Werklohns begründet. Doch was passiert, wenn vor der förmlichen Abnahme die Insolvenz eines der Vertragspartner eintritt? Bisher war diese Situation oft mit Unsicherheiten behaftet.

Der BGH hat nun unmissverständlich klargestellt:

Ein Insolvenzverwalter kann den Werklohn für bereits erbrachte Teilleistungen auch dann erfolgreich geltend machen, wenn diese noch nicht abgenommen wurden. Voraussetzung ist, dass die Leistungen teilbar und ihr Wert objektiv feststellbar sind.

Dies ist eine deutliche Stärkung für die Insolvenzmasse und erleichtert die Geltendmachung von Forderungen.

 

Implizite „Vertragsaufspaltung“ bei teilbaren Leistungen:

Der BGH bestätigt, dass ein Vertrag, der bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht vollständig von beiden Seiten erfüllt wurde, im Falle teilbarer Leistungen automatisch in einen bereits erfüllten und einen noch zu erfüllenden Teil aufgeteilt wird (§ 103 InsO). Dies geschieht unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter eine „Erfüllungswahl“ trifft.

 

Relevanz für die Praxis:

Das Urteil des BGH stärkt die Position von Insolvenzverwaltern erheblich und schafft wichtige Klarheit für die Durchsetzung von Werklohnansprüchen. Es erleichtert die Liquiditätsgenerierung zugunsten der Insolvenzmasse und erhöht die Rechtssicherheit bei der Bewertung nicht abgenommener Leistungen.

Auch umgekehrt gilt, dem Auftragnehmer als Bauunternehmer stehen im Falle der Insolvenz des Auftraggebers Durchsetzungsmöglichkeiten des Vergütungsanspruchs zur Verfügung.

 

Unsere Expertise: Ihr Vorteil in Bau- und Insolvenzfragen

Die Schnittstelle von Bau- und Insolvenzrecht ist ein komplexes Feld, das spezifisches Fachwissen erfordert. Das aktuelle BGH-Urteil setzt ein deutliches Signal: Die Abnahme ist kein zwingendes Erfordernis mehr für die Vergütung teilbarer Werkleistungen im Insolvenzverfahren. Dieses Urteil unterstreicht einmal mehr, wie wichtig eine fundierte rechtliche Beratung und vorausschauende Planung sind.

Frederic Leutheuser LL.M.

Rechtsanwalt

Alexander Backes

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